Eigentlich ist es ja schön, wenn Marken etwas versprechen. Blöd nur, wenn sie es nicht halten – und sie dadurch unglaubwürdig werden. Rückblick, vor ein paar Tagen an einem kleinen Bahnhof, auf Durchreise. Wir sind auf dem Weg ins tiefste Hessen. Später am Abend wird es im Hotel wohl nichts mehr zu essen geben. Also: Beim Umsteigen die Chance nutzen, McDonald’s hat noch auf, es ist kurz vor 18 Uhr.
Meine Kollegin bestellt:
„Ein SnackWrap, bitte!“
Die Frau hinter dem Tresen schaut genervt.
„Das dauert aber drei Minuten!“
Stille. Na, und?
„Kein Problem! Wir haben Zeit.“
Der Anschlusszug kommt ja erst in zehn Minuten. Stille. Man sieht förmlich, wie die Frau mit sich kämpft. Es ist 17.58 Uhr. In drei Minuten, um 18.01 Uhr, ist längst Feierabend. Wie kann es ein Kunde wagen, da noch eine Bestellung aufzugeben? Sie gibt sich einen Ruck. Kein Lächeln auf den Lippen, keine Lust, die Kundin zu bedienen. Der Slogan – jetzt ziemlich befremdlich – heißt übrigens: „ich liebe es!“
Abends im Hotel. Durst. Die Bar hat schon zu. Auf dem Zimmer ein Tablett mit Gläsern und einem Schild, das eigentlich eine Wasserflasche schmücken sollte: „Lassen Sie sich von uns verwöhnen.“ Und: „Lean back and relax.“ Nur: die Wasserflasche ist weg. Und auch die Minibar ist leer.
Am nächsten Morgen erklärt man mir auf Nachfrage, die Minibars seien bei ihnen immer leer. Das sei normal. Ach ja, der Slogan der Mercure-Kette hieß einmal: „Let good things happen!“ Keine Ahnung, ob das noch aktuell ist.
Dann, endlich, gemeinsam mit 35 impulse-Lesern (mehr dazu im nächsten Heft) zu Leica (http://de.leica-camera.com/). In die neue, gerade eingeweihte Zentrale in Wetzlar, ein elegantes, in Weiß gehaltenes Gebäude. Man hat das Gefühl, man sei in einem Museum gelandet, an den Wänden hängen berühmte Fotografien des 20. Jahrhunderts, Che Guevara oder das Bild des nackten Napalm-Mädchens aus dem Vietnamkrieg, alle geschossen mit einer Leica…
… und dann, am Ende des weiten Raums, mündet die Ausstellung in einen Gang, von dem aus man die Produktion der Kameras hinter Scheiben verfolgen kann. Handarbeit. Deutsche Ingenieurskunst.
Längst sind die Kameras zu Kultobjekten, Sammlerstücken geworden. Vor ein paar Jahren wurde eine Ur-Leica für mehr als 2 Millionen Euro versteigert. Davon konnte man vor zehn Jahren, als unklar war, ob sich Leica überhaupt noch erholen würde, nur träumen. Es wurden etliche Fehler gemacht. „Der Mensch“, zitiert Vorstandschef Alfred Schopf mit Blick auf diese Zeit Konfuzius, „hat dreierlei Wege klug zu handeln: erstens durch nachdenken, das ist der edelste, zweitens durch nachahmen, das ist der leichteste, und drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste.“
Die Zeit, als Leica fast vor dem Aus stand und eine weitere deutsche Marke vom Markt zu verschwinden drohte, scheint lange her. Heute ist die Rendite wieder zweistellig. Die Leitzianer haben den Turnaround geschafft. Und dabei an ihren Prinzipien festgehalten: Es gibt keine Massenfertigung, produziert wird in Deutschland und Portugal, nicht in Asien. Die stilbildenden Fotografien der Vergangenheit werden auf allen Kanälen kultiviert, jetzt auch in der neuen Zentrale, dort wo die Firma einst gegründet wurde. Und vor allem: Alles wird der Qualität untergeordnet – auch wenn dies dazu führt, dass die Preise zum Teil weit über denen der Konkurrenz liegen. Und nicht alles angeboten werden kann, was Kunden verlangen. Bis heute gibt es zum Beispiel kein Zoomobjektiv für das berühmte M-System. „Besser, die Leute beschweren sich über Lieferzeiten und fehlende Produkte als über die Qualität“, sagt Schopf. Ein impulse-Leser erzählt, er habe noch eine Leica seiner Großmutter, ein anderer Unternehmer will eine Kamera kaufen, um seinen Kindern etwas zu vererben, was Generationen überdauert.
Wie der aktuelle Leica-Slogan heißt? „Konzentration auf das Wesentliche“. Scheint – hier zumindest – zu passen. Kann nicht jeder von sich behaupten.