Mittwoch, 9. Januar

Endlich: Der Tag der Unterschrift – nach ewig langen Verhandlungen. Na ja, die Empfindung von Zeit ist halt sehr subjektiv. Eigentlich sind seit dem Tag, an dem ich mich dazu entschieden hatte, alles daran zu setzen, impulse mit einem Management Buy-out aus G+J herauszulösen und damit die Marke zu retten, gerade einmal zwei Monate vergangen. Damals, am 30. Oktober, schaltete ich mehrere Anwälte der Kieler Kanzlei Brock Müller Ziegenbein ein. Abends um 19 Uhr traf ich sie auf halbem Weg zwischen Hamburg und Kiel zum ersten Mal. Sie sollten ausloten, wie sich ein impulse-MBO umsetzen ließe – mit dabei: M&A-Spezialist Hauke Thilow, der sich als Glücksfall für die Verhandlungen erweisen sollte: Es macht einen Unterschied, ob man – wie ich – über Unternehmensverkäufe bislang nur geschrieben oder sie, wie Thilow, dutzendfach begleitet hat. Vor allem aber macht es Spaß, jemanden an der Seite zu haben, der der Situation stets gewachsen ist (auch wenn auf der anderen Seite des Verhandlungstisches mal sechs Anwälte, Berater und Verlagsvertreter sitzen) und auch in den absurdesten Momenten solch eines Prozesses nicht den Humor verliert. Der Jurist weiß sehr genau, an welchen Stellen es sich zu kämpfen lohnt.

Anfang November hatte der Vorstand signalisiert, er könne sich einen MBO sehr gut vorstellen. Am 20. November war der erste Entwurf des Business-Plans fertig. Und jetzt, anderthalb Monate später, die notarielle Beurkundung. Um 14 Uhr soll es losgehen, dann wird der Termin auf 13 Uhr vorgezogen, dann auf 15 Uhr verschoben – weil die Anlagen immer noch nicht vollständig sind: „Wenn wir heute nur lesen“, sagt Notar Bräutigam, der für die Beurkundung des Kaufvertrags zu Gruner + Jahr geeilt ist, „müssten wir um 17 Uhr durch sein, es sei denn“ – und genau das tritt an diesem Nachmittag ein – „die Parteien wollen noch einmal verhandeln.“ Und so dauert es bis 21.45 Uhr, bis die ersten Unterschriften unter die Anlagen gesetzt werden. Für G+J unterschreiben Friederike Pabst aus der Rechtsabteilung und Henrik Drinkuth, Partner bei CMS Hasche Sigle, dem der Verlag eine Vollmacht erteilt hat.

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22.04 Uhr: CMS-Partner Henrik Drinkuth unterschreibt für Gruner+Jahr, natürlich mit einem impulse-Kuli.

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22.08 Uhr: Jetzt bin ich an der Reihe. Die letzten Unterschriften – unter unzähligen Anlagen zum Kaufvertrag. Mit dabei: Anwalt Hauke Thilow, G+J-Personalchef Felix Blum, der bei arbeitsrechtlichen Fragen hinzugezogen wurde, und Notar Til Bräutigam. Jetzt fehlt nur noch dessen Unterschrift …

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22.09 Uhr: Fertig.

Große Erleichterung. „Freundliche Übernahme“ wird die Süddeutsche Zeitung ihren Text zum MBO am nächsten Tag überschreiben – und tatsächlich: Alle sind zufrieden. Die Marke hat eine Zukunft, die Jobs sind gerettet – und was es für mich persönlich bedeutet, begreife ich wohl erst langsam. Inzwischen sind auch Dirk Möhrle und meine Assistentinnen Anita Krüger und Anna Bicker zur Runde dazugestoßen: G+J-Verhandlungsführer und Chefjustiziar Tilmann Kruse hat Sushi bestellt und spendiert eine Flasche Champagner. „Ich bin froh“, sagt er in die Runde und grinst dabei, „dass ich Herrn Förster jetzt an Sie übergeben kann, Herr Möhrle!“ Selten habe er jemanden erlebt, der ihn so bedrängt habe – selbst nachts habe er ihn zuhause heimgesucht. Was er nicht sagt: Dass er selbst eingeladen hatte – um erste Eckpunkte eines Vertrags zu besprechen, bei Sushi und Bier.

Wir müssen los, bei mir zu Hause findet seit 20 Uhr die MBO-Party statt – ohne mich…

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… schnell die Treppe rauf…

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… Türe auf …

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Veröffentlicht in MBO

Ein Kommentar zu „Mittwoch, 9. Januar

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