#Löscher weg, Klischees da: Über die Absurdität von Konzernritualen

Vielleicht ist es ja purer Zufall. Aber verrückt ist es schon, wenn man (wie ich gestern Abend)  das Vorwort für ein Buch über Familienunternehmer schreibt („Vorbilder für Deutschland“, hrsg. gemeinsam mit Intes-Gründer Peter May, http://www.murmann-verlag.de/buch/vorbilder-für-deutschland) und sich tags drauf (also heute) herausstellt, dass die Passagen eigentlich ein Kommentar auf die aktuelle Nachrichtenlage sind. Gestern nämlich tagte am Münchner Franz-Joseph-Strauß-Flughafen der Siemens-Aufsichtsrat. Und am späten Abend (während ich schrieb) wurde vermeldet: Es gibt eine Mehrheit für eine Trennung von Vorstandschef Peter Löscher.

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Hier also Auszüge aus dem Vorwort und dem Nachrichtentext, der eben auf  handelsblatt.com veröffentlicht wurde: „Was der Abgang von Löscher kosten dürfte“ (http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/siemens-was-der-abgang-von-loescher-kosten-duerfte/8558202.html)

„Gerade in turbulenten Zeiten wird deutlich, welche Bedeutung die Eigentümerstruktur eines Unternehmens haben kann.“

Löschers Vertrag lief noch bis 2017. Doch ihm wurde vorgeworfen dem Konzern keine klare Leitlinie vorgegeben zu haben und zur Rücknahme mehrerer Gewinnprognosen gezwungen gewesen zu sein. Seine Vorgaben hatten sich als zu optimistisch erwiesen.

„Es macht einen Unterschied, ob die Eigner als Gesellschafter oder Geschäftsführer für ihre Entscheidungen gerade stehen, Risiko und Haftung also aneinander gekoppelt sind. Oder ob sich Manager an kurzfristigen Zielen orientieren, die ihnen selbst nützen – aber nicht im langfristigen Interesse der Firma sind. Der Unterschied lässt sich in einer einfachen Frage fassen: Hätten sie genauso entschieden, wenn es sich um ihr eigenes Geld gehandelt hätte, das auf dem Spiel stand? Wahrscheinlich nicht. Nur: Solch eine Frage spielt in der Realität nur selten eine Rolle. Angestellte Geschäftsführer und Vorstände sind in der Regel selbst bei groben Fehlern finanziell bestens abgesichert.“

Eine Folge der Entscheidung des Aufsichtsrats, Löscher abzuberufen, dürfte eine Ausgleichszahlung an den österreichischen Manager sein. Laut Geschäftsbericht beläuft sich diese auf „maximal zwei Jahresvergütungen“.

„Meist werden sie dann abgefunden…“

Löscher hat im zurückliegenden Geschäftsjahr insgesamt 7,87 Millionen Euro verdient. Daraus errechnet sich eine Abfindung in Höhe von 15,74 Millionen Euro – allerdings nur, wenn die Demission nicht als Trennung aus wichtigem Grund ausgelegt wird. Davon ist allerdings nicht auszugehen.

„…und heuern beim nächsten Arbeitgeber an. Das unterscheidet sie fundamental von Familienunternehmern. Diese haben einen anderen Zeithorizont vor Augen: Sie denken eher in Generationen als in Quartalen.“

Veröffentlicht in MBO

Ein Kommentar zu „#Löscher weg, Klischees da: Über die Absurdität von Konzernritualen

  1. Kennen Sie einen Vorstand, der Privatinsolvenz angemeldet hat?
    Gibt es eine Erhebung wieviel die achso beliebten D+O-Versicherungen haben in den vergangenen 5 Jahren an die geschädigten Unternehmen haben auszahlen mussten und in welchem Verhältnis sie zum wirklich entstandenen Schaden stand. Gezahlt werden die Prämien doch wohl von den Unternehmen, nicht von den Angestellten Direktoren, Vorständen…

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