Manchmal hat es ja auch etwas Gutes, seine Mails nicht direkt zu beantworten, sondern sie liegen zu lassen – dann kann es schon mal passieren, dass sich eine PR-Agentur bis auf die Knochen blamiert, so wie in meinem Fall. Was ist geschehen? Eine Agentur liefert mal wieder ein Beispiel dafür, dass sie nichts, aber auch gar nichts von unabhängigem Qualitätsjournalismus hält (siehe mein letzter Blogeintrag). Ich erhalte also Anfang November eine Mail. Eine Frau, nennen wir sie L. S., schreibt dort, sie finde meine Beiträge auf impulse.de „sehr informativ und interessant“. Und so „möchte ich Sie fragen, ob es bei Ihnen die Möglichkeit gibt, redaktionelle Beiträge käuflich zu erwerben.“
Klar, warum nicht? Es kommt hin und wieder vor, dass Firmen oder Institutionen bereits erschienene impulse-Texte nachdrucken bzw. später noch einmal veröffentlichen möchten. Ein normaler Vorgang. In diesen Fällen müssen sie die Quelle angeben und eine Lizenzgebühr zahlen. Und falls es sich um Texte oder Fotos von freien Mitarbeitern handelt, schütten wir nach unseren AGBs einen Teil des Geldes an sie aus.
Nur: Hier geht es um etwas anderes. Frau L. S. wird deutlicher:
„Damit meine ich, dass Sie quasi nach Absprache über ein bestimmtes Produkt, eine Dienstleistung oder eine Webseite schreiben und dafür dann vergütet werden. Selbstverständlich ohne feste Vorgabe von konkreten Inhalten/Empfehlungen.“
Netterweise nennt Sie direkt Zahlen: „Für Ihren Blog“, schreibt sie (vorher ging es um http://www.impulse.de), „könnten Sie beispielsweise einen Preis zwischen 95,00 € und 150,00 € pro redaktionellem Beitrag verlangen.“
Falls dieses Angebot interessant sei, freue sie sich über meine Rückmeldung. Die erfolgte im November nicht – weil ich die Mail gar nicht gelesen hatte. Dafür erreichte mich aber, wie ich beim Durchschauen der alten Mails jetzt sehe, exakt vier Wochen später eine zweite Mail, erneut von Frau L. S. Sie verweist darauf, dass sie kürzlich unsere Website besucht habe. Erneut lobt sie die „interessanten“ Beiträge – und fügt dann einen wortgleichen Textbaustein ein: ob sie redaktionelle Beiträge käuflich erwerben könne.“Damit meine ich, dass…“ Und schon wieder nennt sie Zahlen, nur sind es dieses Mal andere. Ein peinliches Versehen? Oder geschieht dies gar mit Absicht? Auf jeden Fall sind die Zahlen nach oben geschossen:
„Für Ihren Blog könnten Sie beispielsweise zwischen 200 € und 400 € pro redaktionellem Beitrag verlangen.“
Vielleicht sollte ich einfach weiter stillhalten, schweigen – und warten, wie hoch der Betrag noch steigt. Wenn er Anfang November zwischen 95 und 150 Euro lag, Anfang Dezember auf 200 bis 400 Euro stieg, müsste das nächste Angebot ja Anfang Januar, also in diesen Tagen, bei 300 bis 600 Euro liegen! Und wenn ich, wie ausnahmsweise an diesem Sonntag, gleich drei – natürlich „interessante“ – Blogbeiträge verfasse, dann käme ich ja auf einen Tagessatz von 1800 Euro! Liebe Frau L. S., bitte melden!!
Also, liebe Blogger und Online-Journalisten: Wer von Euch bei diesen Angeboten (die mich Woche für Woche erreichen) zu früh eingeschlagen hat, hat eine Menge Geld verloren – und sich im Übrigen von seriösem Journalismus längst verabschiedet (warum nicht gleich in die PR-Branche wechseln?).
Und, liebe Unternehmer, in deren Auftrag diese Agenturen unterwegs sind: Vielleicht solltet Ihr mal lieber an Euren eigenen Produkten und Dienstleistungen arbeiten. Dann habt Ihr es nicht mehr nötig, verdeckte PR zu machen – und damit Eure eigene Glaubwürdigkeit zu untergraben.