Abstecher nach Wilhelmshaven. Was für eine gespenstische Leere im Tiefseehafen: Weitläufige Flächen, vereinsamte Kräne und wenn man Glück hat – und ich hatte Glück – ein Schiff am Kai. Selbstverständlich ist das nicht. Zwei Jahre nach der Eröffnung liegt das Areal immer noch fast brach, die Auslastung beträgt nur ein paar Prozent.
Ein Debakel für die strukturschwache Region, die so viele Hoffnungen in den neuen Hafen gesetzt hat. Es kann noch Jahre – oder eine Ewigkeit – dauern, bis sich die Investitionen, etwa 650 Millionen Euro öffentliche Gelder, bezahlt machen. Immerhin: Nächstes Jahr sollen zwei oder drei Schiffe pro Woche anlegen, zudem gebe es vielversprechende Gespräche, beteuert der Hafenbetreiber Eurogate. Für viele Unternehmer, die sich von der Belebung der Region viel versprochen hatten, ist die Flaute zwei Jahre nach dem Start ein Skandal, doch sie sind ohnmächtig, können nur mutmaßen, wer in den Konzernzentralen und Staatskanzleien welche Strippen zieht. Und so gehen die meisten einfach ihren Geschäften nach – so wie auch der mittelständische Ventilspezialist Wessel Hydraulik (http://www.wessel-hydraulik.de), den ich morgens besuchte.
Mit Mittelständlern Geschäfte zu machen, sei angenehmer, als mit Konzernen zu verhandeln, sagte der geschäftsführende Gesellschafter Holger Jongebloed, der 110 Mitarbeiter beschäftigt. „Da weiß man, dass man in fünf Jahren auch noch den gleichen Ansprechpartner hat.“
Was denn seine Firma auszeichne, wollte ich von ihm wissen. Erst zögerte er, dann sagt er: „Das Betriebsklima.“ Selbst in der Krise 2009, als der Umsatz um 60 Prozent einbrach, habe es keine einzige Kündigung gegeben – weil das Team, vertreten durch den Betriebsrat, äußerst gut mitgezogen habe. Es gab Kurzarbeit. Alle verzichteten damals auf Gehalt, von der Aushilfe bis zum Geschäftsführer.
Heute gibt es eine Gewinnbeteiligung für die Mitarbeiter, alle drei Monate wird der Betriebsrat in die internen Zahlen eingeweiht. Wer sich etwas dazu verdienen möchte, kann dies auch tun, indem er selbst kreativ wird – zugunsten der Firma. Jeder einzelne Verbesserungsvorschlag, egal wie gut oder schlecht er sein mag, wird mit 15 Euro honoriert. Und einmal im Jahr werden die drei besten umgesetzten Ideen extra honoriert, mit insgesamt 2000 Euro. Für das Miteinander gelten feste Regeln, die gemeinsam verabredet wurden und – für alle sichtbar – in der Halle hängen.
Eine gute Firmenkultur kombiniert mit einer transparenten Kommunikation – wahrscheinlich ist das eine ziemlich gute Erfolgsformel, die leider immer noch viel zu selten praktiziert wird. Und die erst sichtbar wird, wenn man genauer hinschaut (egal bei welchem Wetter…).
So ergeht es mir immer wieder: Deutschland ist reich an innovativen Firmen – auch in Wilhelmshaven. Mittags hielt ich in der Stadt einen Vortrag über das „zwiespältige Verhältnis der Deutschen zum Unternehmertum“. „Werbung für die Freiheit“, titelte am nächsten Tag die Regionalzeitung. „Nikolaus Förster warnt vor Selbstzufriedenheit“. Zurück ins satte Hamburg.
Die positiven Rahmenbedingungen des Jade Weser Ports kamen mir etwas zu kurz…Wassertiefe 18,5 mtr, störungsfreie Zufahrt …direkt von der Autobahn. Wäre schön auch darüber etwas zu lesen. Vielleicht in einem der nächsten Impulse Hefte ?
Logistik ist ein so spannendes Thema…und Deutschland lebt u.a. vom Außenhandel…der sich größtenteils über eindwandfreie Häfen abspielt….und das kann Wilhelmshaven bieten.