„Sehr geehrter Herr Förster, das hätte ich von Ihnen nicht gedacht, sich für so eine, in meinen Augen so unsinnige Sache einzusetzen.“ Was tut man, wenn man solch eine Mail erhält – als Reaktion auf meine Entscheidung, dem impulse-Team die Möglichkeit zu geben, in ihrer Arbeitszeit an der weltweiten Klimademo teilzunehmen?
In einem Newsletter hatte ich darüber berichtet, wie es dazu gekommen war:
„Es war vor ein paar Monaten, als ich mit einem der deutschen Fridays-for-Future-Initiatoren privat über eine mögliche CO2-Steuer diskutierte, über hehre Ziele und kalkulierte Zumutungen, über simple Slogans und komplexe Systeme, kurz: über Politik und Populismus. Wir wurden uns nicht einig. Der Teenager, der kurz vor den Abiturprüfungen stand, musste nach einer halben Stunde los – in die nächste Telefonkonferenz mit anderen Aktivisten.
Ein paar Wochen später kam meine 17-jährige Tochter – eine Vertreterin jener Generation, die noch vor kurzem als unpolitisch verschrien war – von einer Fridays-for-Future-Demonstration nach Hause. Sie strahlte, drückte mir knallgrüne Flugblätter in die Hand und bat mich, sie zu verteilen: „Jugendliche & Erwachsene: GEMEINSAM GEGEN DEN KLIMAWANDEL“, stand dort in großen Lettern. Und: „Könnte Würde Hätte MACHEN. JETZT“.
Kurz darauf fragte mich eine Kollegin, was ich davon halten würde, wenn wir als impulse-Team an der globalen Klimademonstration am 20. September teilnehmen würden. Meine Antwort kam spontan: Ja, ich würde dies unterstützen – indem jeder in der regulären Arbeitszeit an der Demonstration teilnehmen könne, ohne sich dafür freinehmen zu müssen. Aber: Nein, ich würde dazu niemanden verpflichten wollen. Kein Gruppenzwang. Das müsse jeder für sich selbst entscheiden – alles andere würde mir widerstreben.“
„Das hätte ich von Ihnen nicht gedacht …“ Offenbar habe ich da jemanden massiv enttäuscht. Ich entspreche nicht dem Bild, das sich dieser Unternehmer von mir gemacht hat. Das passiert – in allen Lebenslagen. Und doch ist es erstaunlich, wie stark die Emotionen sind, die dieses Thema auslöst. „Dass Sie nicht schlauer sind als Ihre 17-jährige Tochter, wundert mich doch auch sehr“, schrieb dieser Unternehmer. Abends las ich die Mail meiner Tochter vor. Erst lachte sie, aber ihr Gesicht verriet: Sie war fassungslos.
Eine dumme Generation?
Ist es tatsächlich so, dass wir es mit einer dummen Generation zu tun haben – und wir eigentlich schlauer sein müssten? Oder ist es vielleicht umgekehrt – dass wir uns an Lebensstandards gewöhnt haben, die dazu führen, dass wir Ressourcen über die Maßen verbrauchen – auf Kosten der nächsten Generation?
Dass nicht jeder ein Fan der Fridays-for-Future-Proteste ist, verstehe ich; auch ich sträube mich – nicht nur bei diesem Thema – gegen allzu simple Parolen. Aber das Sympathische an dieser Bewegung ist ja gerade, dass die Aktivisten nicht vorgeben, die Lösung zu kennen, sondern stattdessen auf die Erkenntnisse der Wissenschaftler und Experten verweisen – und sich dafür einsetzen, dass diese endlich auch bei den politischen Entscheidungen zur Geltung kommen.
Es ist die Aufforderung, etwas zu verändern, nach den besten Lösungen zu suchen und Weichen neu zu stellen – bei einem Thema, das in der Politik (und der Wirtschaft) zu lange vernachlässigt worden ist. Das Problem ist ja gerade, dass es sich beim Klimawandel um einen schleichenden, sich über lange Zeiträume vollziehenden und deshalb kaum sichtbaren Prozess handelt – also nicht um etwas Spektakuläres, das plötzlich auftritt. Umso leichter ist es Politikern und auch Medien in der Vergangenheit gefallen, sich auf andere, öffentlichkeitswirksamere Themen zu stürzen.
Gerade Unternehmer, die nicht nur das Hier und Jetzt im Blick haben, sondern langfristig denken, könnten hier eine wichtige Rolle spielen. Könnten. Viele sehen dies auch tatsächlich als Chance und engagieren sich – als Unternehmer und als Bürger. Und doch spaltet das Thema auch die Unternehmerschaft mit einer Wucht, die mich selbst überrascht hat.
Ich glaube, hier kommen viele Dinge zusammen: das Gefühl vieler Unternehmer, zum Spielball der Politik zu werden; die Angst, dass die eigenen Interessen zu kurz kommen könnten; das Unbehagen, das mit jeder Veränderung einhergeht; und nicht zuletzt ein offener Generationenkonflikt: Jahrelang wurde beklagt, wie unpolitisch die neue Generation sei. Jetzt aber pocht sie auf ihr Recht auf Mitbestimmung – mit Blick auf die eigene Zukunft.
Wie antworten wir darauf?