Ich habe mich getäuscht

Was einst keiner Rede wert war, ein flüchtiger Händedruck, ist heute fast eine Staatsangelegenheit. Und was noch zu Jahresbeginn undenkbar war – als Unternehmer mit seinem Team über Monate hinweg nur noch per Video oder Telefon zu kommunizieren – ist längst Alltag. Ja, manchmal ist dies mühsam und unbefriedigend, aber es funktioniert – besser zumindest, als ich mir dies hatte vorstellen können. Was wir gerade erleben, gleicht einem großen Erwachen: Tag für Tag wird uns vor Augen geführt, wie stark wir uns getäuscht haben.

impulse-Team Huddle

Das betrifft auch meine eigene Kalkulation: Noch Mitte März, als in Deutschland der erste Covid-19-Todesfall bestätigt und die ersten Veranstaltungen abgesagt wurden, war ich äußerst pessimistisch, was die Zukunft der impulse-Akademie anging. Unsere Seminare für Unternehmer lebten über Jahre hinweg auch von einem intensiven, persönlichen Austausch. Wie sollte dies in Corona-Zeiten funktionieren? Gar nicht. Und so schraubte ich unsere Umsatzerwartungen radikal nach unten.

Heute würde ich sagen: Das war voreilig. Ich hatte mir damals nicht vorstellen können, dass wenige Wochen später virtuelle Weinfeste über YouTube gestreamt, ganze Schulklassen sich Material aus einer Cloud herunterladen, Kreuzfahrtliebhaber ihre Sehnsuchtsorte auf einer digitalen Plattform finden (mehr darüber in Folge 5 des impulse-Podcasts „Jetzt erst recht!“) oder Unternehmen – wie wir – einen digitalen Pausenhof einrichten würden.

Erzwungener Crash-Kurs in Digitalisierung

Wir selbst haben inzwischen einen Crash-Kurs in Sachen Digitalisierung absolviert – gezwungenermaßen. Da wir Mitte März unsere Verlagsräume verlassen hatten und wir seither aus Dutzenden Homeoffices heraus arbeiten, blieb uns nichts anderes übrig – so wie unzähligen anderen Unternehmen weltweit. Lag die Anzahl der täglichen Nutzer des Videokonferenzanbieters Zoom Ende des Jahres noch bei 20 Millionen, verzehnfachte sich die Zahl binnen drei Monaten; inzwischen liegt sie bei über 300 Millionen – auch wir sind Kunde. Ohne solch eine einfach zu bedienende Videoplattform wäre es uns niemals möglich gewesen, in den vergangenen Wochen tausende impulse-Mitglieder in unserem neuen Portal mit Experten zusammenzubringen (eine Vorschau mit unserem Programm für die nächsten sieben Tage finden Sie unter www.impulse.de/vorschau) und Unternehmer miteinander zu verbinden.

Für viele Mittelständler und Selbstständige war es eine Premiere: Zum ersten Mal loggten sie sich in eine Videoplattform ein. Einige waren anfangs nur per Mikrofon zugeschaltet, weil sie noch keine Kamera hatten – es gab Lieferschwierigkeiten. Von Woche zu Woche kehrte mehr Routine ein. Es war, als würde eine ganze Republik, die sich zuvor nur zögerlich auf das digitale Parkett gewagt hatte, mit einem Mal vom neuen Medium magisch angezogen – zunehmend erstaunt über die Möglichkeiten, die sich mit einem Mal ergaben.

Als wir Tag für Tag erlebten, wie gut die Kommunikation über Zoom lief und welche Möglichkeiten uns dies eröffnete, starteten wir damit, unsere Seminare neu zu konzipieren – als Online-Workshops.

Seit dem Wochenende kann man unsere neuen Angebote über die Akademie-Website  www.impulse.de/akademie buchen – noch bis Freitag, den 8. Mai. Nächste Woche geht es mit unseren Online-Seminaren los, zunächst zu den Themen Mitarbeiterführung und Selbstmanagement. Dann starte ich mein Storytelling-Seminar und meinen Workshop für Familienunternehmen in der Nachfolge.

Notlösung in Corona-Zeiten?

Auch wenn sich inzwischen die ersten Unternehmer angemeldet haben, so zeigen sich doch viele nach wie vor skeptisch. Wie soll es möglich sein, die Inhalte digital zu erarbeiten? Ist das wirklich gleichwertig mit den traditionellen Seminaren? Ich selbst aber freue mich – nach der Moderation von mehr als 100 Videokonferenzen mit Experten und Unternehmern in den vergangenen Wochen – jetzt auf die intensiven Seminare mit maximal zehn Teilnehmern. Für die Akademie ist es – trotz der Online-Kurse, die wir bereits seit Jahren anbieten – eine Zäsur: Früher kamen die Teilnehmer von überall her, buchten Übernachtungen und planten ausreichend Zeit für die An- und Abreise ein. Die Inhalte wurden so komprimiert, dass sie sich in ein oder zwei Tagen vermitteln ließen – mehr Zeit ließ sich in den Kalendern der meisten Unternehmer kaum freischlagen.

Jetzt lässt sich der Stoff in Doppelstunden über mehrere Wochen strecken; zudem gibt es neben der Zeit in der Gruppe individuelle Übungen, so dass jeder Teilnehmer seine Zeit flexibler einteilen kann. Was noch vor Wochen undenkbar schien, wird ab nächste Woche Teil unseres Alltags sein – und eine neue Perspektive eröffnen: Was von vielen heute noch beklagt wird – der fehlende persönliche, physische Kontakt! –, wird sicherlich auch künftig fehlen. Und doch wird dieser Verlust von Vorteilen aufgewogen, die bisher kaum im Blick waren: eine neue zeitliche Flexibilität und eine höhere Chance, die neuen Inhalte und Methoden auch tatsächlich im unternehmerischen Alltag zu verankern.

Eine Notlösung in Corona-Zeiten? Ich bin sicher, dass wir uns in ein paar Jahren wundern werden, warum wir nicht schon früher damit angefangen haben, digitale Kanäle stärker für die impulse-Akademie zu nutzen.

Veröffentlicht in MBO

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